Was für eine Botschaft(erin).

29.08.2013 08:17

Ortsrat erfindet neues Amt für Olivia. Die Mehrheit will sie als Ehrenbotschafterin. Mehr geht (erstmal) nicht: Olivia Jones ist Ehrenbotschafterin der Stadt, auf einer Sonderbriefmarke und bekommt einen Platz in der Galerie bekannter Persönlichkeiten im Museum. Nun will sie daran arbeiten, Ehrenbürgerin zu werden.

VON A. BRINKMANN-THIES, K. PIEPER,T. LEHMANN UND A. ZIMMER. SPRINGE. Fünf Stunden stand Springe gestern Kopf: Die Travestiekünstlerin aus Hamburg, die am Deister aufwuchs, kam zwar zur Ortsratssitzung mit mehr als 200 Zuhörern im Schulzentrum Süd fünf Minuten zu spät, aber rechtzeitig zu ihrem Tagesordnungspunkt. Ehrenbürgerin ist sie (noch) nicht. Ortsbürgermeister Carsten Marock (SPD) listete zahlreiche Verdienste auf, unter anderem der Einsatz für Gleichberechtigung.

Jörg Gassl (SPD) sagte: „Eine ehrbare Bürgerin, aber keine Ehrenbürgerin." Der Ortsrat wollte dem Verwaltungsvorschlag zur Botschafterin folgen, doch Ulrich Kalinowski (CDU) setzte sich mit der Bezeichnung Ehrenbotschafterin durch. Nach dem Votum, Katrin Kreipe und Marita Kürsten (beide SPD) stimmten dagegen, gab es Bravo-Rufe der Zuhörer. Jones ging an den Rednerpult und dankte: „Ich komme jetzt öfter." Am Rande der Sitzung räumte sie ein, sie habe damit gerechnet, dass sie kein Amt bekomme. Doch der Ortsrat habe ihr einen „Köder hingeworfen", an der Ehrenbürgerin werde sie nun arbeiten. Zu den Gegenstimmen sagte sie: „Spaßbremsen gibt es überall." Den Schriftzug Ehrenbotschafterin soll nun die eigens für Jones kreierte Briefmarke tragen, die am Nachmittag vorgestellt wurde. Ein Teil des Erlöses fließt an die Springer Tafel. „Ist die Marke zum Lecken oder zum Kleben?", fragte Jones. Selbstklebend, erklärte Citipost-Vertriebsleiter Murat Bendes. 1500 Marken seien bisher gedruckt.

Den Weg durch die Stadt zum Museum legte Jones auf Pumps zurück. „Was habt ihr denn mit meiner Lieblingsdisco gemacht?", fragte sie enttäuscht. Das Cocoa ist heute ein Restaurant. Sie ging hinein und erinnerte sich an heiße Disconächte mit 16: „Damals wusste ich noch nicht, dass ich schwul bin und hatte eine Freundin."

In das Museum ging Jones über einen von Ute Ketelhake gewebten roten Teppich. Eine Station war der Vortragsraum, wo ihr Alexandra Schwager aus Hamelspringe eine selbst gebackene Torte in Regenbogenfarben überreichte. „Eine schwule Torte habe ich noch nie gegessen", sagte Jones. Ernstere Tone schlug Jones beim Besuch der Tafel mit 1500 Kunden an. „Das ist gemessen an der Einwohnerzahl Springes viel."

Eine Bildergalerie gibt es auf haz.de/springe. Dort können Sie auch den Besuch mit vielen Details anhand des Live-Tickers verfolgen.

AUSZUG:

16.47 Uhr: Olivia hat das Museum verlassen und ist nun auf dem Weg zur Springer Tafel. Ein Pulk von Fans folgt ihr auf Schritt und Tritt. Genau wie ihr Assistent Sven Florijan (32). Die beiden verbindet eine enge Freundschaft. Olivia hat Sven vor einigen Wochen auch auf Mallorca besucht. Dort verbrachte der füllige Pinkschopf Flitterwochen mit frisch Angetrautem, „seinen Sebi“.

16.35 Uhr: „Ist die Marke zum Lecken oder zum Kleben?“, fragt Olivia Jones. Ihre Heimatstadt zieht alle Register und hat ihr eine Citipost-Briefmarke gewidmet. Doch die Marke gefällt ihr gut, dass sie einem guten Zweck dient, noch besser. Ein Teil des Erlöses soll in die Springer Tafel fließen. Die Organisation versorgt Bedürftige Bürger mit Lebensmitteln. Außerdem soll die Marke als ein Zeichen gegen Diskriminierung und für Toleranz in die Welt verschickt werden. Vielleicht auch in den Kreml?

Zurück
try { var pageTracker = _gat._getTracker("UA-10445530-1"); pageTracker._trackPageview(); } catch(err) {}