Doppelter Espresso

13.09.2008 13:03

NDZ/VON PASTOR i.R. DIETER WITTENBORN
„Werkzeugkiste für Weltverbesserer" - dieser unkonventionelle Untertitel des Buches „Von wegen nichts zu machen" (Kiepenheuer & Witsch) machte mich neugierig auf den Inhalt. Darin erzählt neben anderen Franz Meurer, katholischer Pfarrer in einem Kölner Arbeiterstadtteil, von Projekten, die die Lebensqualität zu erhöhen versuchen. Daraus ein kurzer Text: „Der Kölner Gastronom Gigi Carapi erzählte von folgender Idee aus einer sizilianischen Kleinstadt, die vielleicht auch bei uns umsetzbar ist. Dort ist es noch üblich, einen zweiten Espresso zu bezahlen, auch wenn man nur einen getrunken hat. Der zweite ist für einen, der ihn sich nicht leisten kann. Der Wirt notiert die Kaffeespenden, und Menschen, die gerade ,klamm' sind, können dann jederzeit zu ihm ins Cafe kommen und gemütlich einen Frei-Espresso schlürfen. Alle freut's: der Wirt hat mehr Umsatz, der Gast ein besseres Gefühl und der Mittellose ein Stück gesellschaftliches Leben zurück. Und die Tasse Kaffee nicht zu vergessen!"

Mit etwas Fantasie lässt sich diese Idee sicherlich so oder in andere Situationen übertragen auch bei uns realisieren. Mir gefällt daran einerseits, dass Spender und Empfänger gegenseitig anonym bleiben. Ganz im Sinne Jesu: „Wenn du etwas spendest, dann tu es so unauffällig, dass deine linke Hand nicht weiß, was die rechte tut." Und andererseits ist es für mich ein gutes Beispiel dafür, dass damit Anteil an gesellschaftlichem Leben erreicht wird. Neben dem für das tägliche Überleben Notwendige brauchen wir Menschen dieses Stück Lebensqualität mindestens so nötig. Sich mal etwas erlauben zu können, das unserer Seele gut tut, ist eminent wichtig. Ich habe nicht das Strahlen im Gesicht eines Kunden der Springer Tafel vergessen, der neben anderem auch eine Tafel Schokolade bekam und spontan sagte: „Schokolade habe ich mir seit Monaten nicht leisten können."

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