Nächstenliebe zwischen Konserven und Kisten.

24.12.2009 09:52

Kritiker sind verstummt": Springer Tafel eine Bilanz nach fast zwei Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit.

Von Markus Richter NDZ/Springe. Prall gefüllte Bäuche, teure Geschenke unterm Baum Weihnachten ist auch das Fest, an dem der Überfluss zelebriert wird. Allerdings: 3000 Menschen geht es in Springe deutlich schlechter - sie müssen unter der Armutsgrenze leben. Seit zwei Jahren hilft die Tafel, die Not zu lindern. Eine Bilanz.

Frische Ware wird angeliefert und begutachtet bevor sie von Christiane Eckmann, Hannelore Schaper-Lücking und Friederun Feiertag (v.r.) in die Regale geräumt wird.

Im Büro von Uwe Lampe klingelt das Telefon. Mal wieder. Viele rufen bei ihm an, wenn sie Hilfe benötigen. Der Tafel-Vorsitzende setzt sich mit den Schicksalen derer auseinander, denen es nicht unbedingt gut geht. So auch der Frau am anderen Ende der Leitung, die nicht weiß, wie sie mit ihren vier Kindern die Weihnachtszeit überstehen soll. Ihr Mann ist für längere Zeit weg, sie selbst ist krank, kann weder zur Lebensmittelausgabe kommen noch den Termin beim Job-Center wahrnehmen. Lampe vermittelt. „Für solche Fälle gibt es kein Patent", sagt der 56-Jährige.

Im Büro: Vorsitzender Uwe Lampe koordiniert die Arbeit hinter den Kulissen.

"Wie können wir alle erreichen?" Seit zwei Jahren ist er ehrenamtlicher Leiter des Vereins, der inzwischen 800 Springer am Rand der Gesellschaft mit dem Nötigsten versorgt. Wie effektiv die Einrichtung arbeitet, zeigt der Bundesvergleich: Die Tafeln werden im Schnitt von 15 Prozent aller Menschen genutzt, die dazu berechtigt sind, das wären in Springe nur 450 statt 800. Doch für Lampe geht noch mehr: „Wie können wir die erreichen, die sich nicht zu uns trauen?"

"Wir geben nur das aus, was wir auch nehmen würden", sagen Hannelore Schaper-Lücking, Hans Scholz, Friederun Feiertag, Adelheid Krause-Berg und Dieter Allerheiligen (von rechts).

Immerhin: Nach zwei Jahren sei viel geschafft worden. Die Stimmen derer, die den Standort in der Innenstadt anfangs so scharf kritisiert hatten, sind nahezu verstummt. Die Geschäftsleute haben sich mit dem Anblick der Warteschlange jeden Dienstag und Freitag am Niederntor arrangiert, die Tafel-Kunden mit den Blicken der Passanten, die zwischen Mitleid und Herablassung schwanken.

Für die freiwilligen Helfer, berichtet Lampe, sei die Ausgabe der Lebensmittel immer ein Balanceakt. „Es geht darum, den Wünschen der Einzelnen nachzukommen, ohne die Menschen draußen zu lange warten zu lassen." Die Mitarbeiter hätten dabei eine Engelsgeduld, lobt ihr Vorsitzender. Denn bei vielen Kunden entwickele sich eine gewisse Erwartungshaltung. Aber: „Wenn wir Kaffee oder Waschmittel haben, dann ist das eine Ausnahme das müssen klarmachen."

20 Geschäfte unterstützen.

Auch bei der Ausgabe hat sich einiges geändert: Immer mehr Männer helfen mit und fahren nicht wie anfangs ausschließlich den Wagen, mit dem die Waren abgeholt werden. Übrigens: Rund 20 Geschäfte geben Produkte kostenlos an die Tafel ab. Hinzu kommen einige Privatleute. Lampe ist glücklich über diese Situation. „Wir können sogar noch etwas an die Tafel in Bad Münder weitergeben."

Viele Springer wollen helfen, doch manchmal muss Lampes Team auf die Unterstützung verzichten. „Den Braten von der Familienfeier müssen wir dankend ablehnen." Schließlich dürfen solche Lebensmittel nur verpackt ausgegeben werden. In jedem Fall muss die Warenkette zurückverfolgt werden können. Bei selbstgekochter Marmelade wird's dann schwierig.

Ob er Dankbarkeit bei seinen Kunden verspürt für die Hilfe, die ja nicht selbstverständlich ist? "Das ist ein Anspruch, von dem man sich besser verabschieden sollte." Doch er freut sich natürlich, wenn die Arbeit der Ehrenamtlichen wahrgenommen wird von allen Teilen der Gesellschaft. Und die Tafelhelfer sind ein gutes Team, das eine Aufgabe erfüllt, die der Staat nicht leisten kann.

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